Heute möchten wir euch Marie vorstellen. Sie ist eine von über 600 ehrenamtlichen Fotograf/innen, die derzeit für die Stiftung „Dein Sternenkind“ im Einsatz sind. Unermüdlich und egal zu welcher Zeit spenden die Fotograf/innen direkt nach dem Tod eines verstorbenen Babys, Trost und sorgen für bleibende Erinnerungen. Oftmals sind diese Fotos die einzigen, die betroffene Eltern von ihren Kindern bleiben, da viele Sternenkinder bereits tot zur Welt kommen oder kurz nach ihrer Geburt versterben.
Für Außenstehende ist es schwer nachvollziehbar, was Eltern in dieser Situation durchleben müssen. Umso wichtiger ist es daher, dass Menschen wie Marie direkt ins Krankenhaus kommen und mit den Eltern gemeinsam wunderschöne Erinnerungen schaffen. Heute erzählt euch Marie von ihrer Arbeit als Sternenkindfotografin und gibt euch einen kleinen Einblick in ihre emotionalsten Einsätze.
Frage 1: Liebe Marie du bist bereits seit knapp 3Jahren für „Dein Sternenkind“ ehrenamtlich tätig. Was genau hat dich damals dazu bewogen, dieses wertvolle aber auch emotional sehr anspruchsvolle Ehrenamt zu übernehmen?
Ich folgte Dein Sternenkind auf Social Media schon seit vielen Jahren und sah in jedem Bild unendliche Liebe, Wärme und Trauer. Ich fragte mich eine lange Zeit, was kann ich eine lange Zeit, was kann ich dazu beitragen. Bisher fokussierte ich mich fotographisch auf meine persönlichen Erinnerungen. Fotos auf Urlaubsreisen oder auch genaue Details rund um die Natur, Land und Leute.
Im Januar 2023 gab es die Möglichkeit an einer Online-Infoveranstaltung teilzunehmen. Ich hörte über 3 Stunden den aktiven Fotografen zu und war beeindruckt, wie wertvoll jedes einzelnen und zugleich auch letztes Bild für Eltern ist. Ich wollte mit meinen fotografischen Know-how dazu beitragen, Erinnerungen für Familien unvergesslich zu machen. Die Fotos sind unwiederbringlich und das einzige was bleibt. Ich habe mich nach 1 Woche mit meinen Foto-Portfolio beworben und wurde recht schnell aufgenommen. Ich kann jetzt nach 3 Jahren sagen, dass ich noch nie wertvollere Bilder gemacht habe, als die der Sternenkinder. Mein Ehrenamt lehrt mich viel über das Leben. Es macht mich dankbar und achtsam zugleich.
Frage 2: Die richtigen Worte zu finden ist gerade in der Ausnahmesituation nach dem Tod eines Kindes sehr schwer. Oftmals bist du einer der ersten Kontaktpersonen nach dem Tod. Wie gehst du auf die Eltern zu und wie gelingt es dir die richtigen Worte zu finden?
Es gibt für keinen Einsatz einen Leitfaden. Meine Vorbereitung des Einsatzes beginnt mit dem Packen der Fototasche, sowie das Aussuchen von Erinnerungsstücken. Ist es ein Junge? Ist es ein Mädchen? Gibt es Geschwisterkinder? Sind die Eltern mit anwesend oder fotografiere ich das Kind alleine? All die Informationen sind für mich wichtig, um mich während der Autofahrt in die Klinik darauf vorzubereiten.
Nach über 95 Einsätzen kann ich definitiv sagen, dass ich immer noch schwitzige Hände beim Herunterdrücken der Zimmertüre habe. Du musst als Fotograf für so eine wertvolle Herzensangelegenheit eine große Portion Empathie und Einfühlungsvermögen mitbringen. Ich begrüße die Eltern und stelle mich vor. Manchmal muss man kurz Inne halten, aber oftmals wird man mit einer großen Dankbarkeit begrüßt. Oftmals sage ich den Eltern, ich hätte sie gerne auf einen anderen Weg kennengelernt und begrüße dabei auch ihr Sternenkind. Oft höre ich einfach nur zu und lasse die Eltern erzählen. Es ist ihr ausdrücklicher Wunsch, dass es das Erste und Letzte Bild ihres geliebten Kindes gibt und dafür bin ich da. Eine Hebamme fragte mich nach den letzten Einsatz, Marie wie hast du das gemacht? Ich konnte ihr nur sagen, das war mein Herz. Ein Papa schrieb mir kurz nach dem Einsatz: „Das was du heute mit uns gemacht hast, war unbeschreiblich. Du hast uns mitgenommen auf eine kurze Reise und hast uns in deinen Bann gezogen. Ganz ohne Berührungsängste und mit vollem Respekt. Für uns war es wie eine kurze Therapie.“ Ich handele in jedem Einsatz nach meinen Gefühl. Es entsteht eine warme und sehr vertrauliche Stimmung, in der ich instinktiv handeln. Während des Einsatzes spürt ich viel Nähe aber auch Distanz. Für mich ist es unheimlich wichtig mit den Sternenkindern zu sprechen. Dadurch nehme ich die Eltern unbewusst an die Hände und begleite sie dadurch noch ein Stück mehr ihrem Kind nahe zu sein. Es entstehen traurige, aber auch so innige Momente, die ich als Fotograf für die Ewigkeit festhalte.
„Ohne Dich hätten wir uns niemals so intensiv von unserer Tochter verabschiedet. Wir waren einfach überfordert. Du hast uns mit deiner lockeren und liebevollen Art, die Berührungsängste genommen, sodass wir noch einmal unserer Tochter sehr Nahe seien konnten.“
Wenn Eltern aus verschiedenen Gründen beim Fotografieren nicht dabei sein können, fotografiere ich einige Erinnerungsstücke wie eine Feder, ein Holzherz/Stern zusammen mit ihrem Kind. Jedes Kind erhält von mir ein selbst gemachtes Armband und das gleiche erhält die Mama vor Ort oder per Post zusammen mit den anderen Erinnerungsstücken. Eine tiefe Verbundenheit entsteht.

Marie bei einem ihrer Einsätze für Sterneneltern.
Frage 3: Wie gehst du selbst mit den Einsätzen um, was hilft dir diese schmerzlichen Eindrücke besser zu verarbeiten?
Wir Fotografen bei dein Sternenkind unterstützen uns gegenseitig durch Gespräche untereinander. Wir sind fotografisch sowie menschlich auf einer Ebene. Zu einigen Fotografen habe ich regen und intensiven Kontakt. Es ist einfach wertvoll und wichtig, dass der gegenüber einfach nur zuhört. Das ist oftmals hilfreicher als ein langer Einsatzbericht am Telefon. Wir verstehen und respektieren uns gegenseitig, und ich bin immer wieder fasziniert davon, wie vertraulich wir als Team funktionieren. Dabei kenne ich nur wenige Fotografen persönlich. Wir sind uns eine gegenseitige Stütze.
Wenn ich nach dem Einsatz zuhause angekommen bin, brauche ich eine tiefe und innige Umarmung meiner Frau.
Frage 4: Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit unserem Verein „Herzenssache – Nähen für Sternchen und Frühchen e.V.“ und wie wichtig ist diese für dich in Bezug auf deine Arbeit als Sternenkindfotografin?
Liebes Team von Herzenssache, ich bin Euch sehr dankbar, dass ich jeden Wunsch bei meiner Bestellung für die Sternenkind berücksichtigt wird. Und wir dadurch gemeinsam die wichtigen Erinnerungen unvergesslich machen. Egal ob Kleidung, Windeln, Decken, wir können alles aus euren Bestand anfordern und bekommen es liebevoll verpackt zu geschickt. Ohne eure fleißigen Händen wäre es nicht möglich, dass die Kinder mit so viel Erinnerungsstücken zu ihren Sternen reisen und die Eltern das Gegenstück als Erinnerung aufbewahren können. Durch eure liebevoll gestaltete Kleidung und kleine Nestchen ist der Abschied sehr würdevoll und besonders. Vielen DANK für euer Engagement.

Frage 5: Was rätst du anderen Fotograf/innen, die ebenfalls Sternenkinder fotografieren möchten?
Liebe zukünftige Fotografen, wir suchen händeringend nach Fotografen, die ihr Herz am richtigen Fleck haben und den Eltern durch die Trauer und den Verlust die Möglichkeit geben, die Liebe und besonderen Momente festzuhalten. Neben dem passenden Equipment, sind Menschen mit Empathie, Einfühlungsvermögen und auch Zeit bei uns herzlichen willkommen. Mit diesen Bildern schenkt ihr den Eltern etwas Unersetzliches – Erinnerungen, die für immer bleiben.
Dieses Ehrenamt ist für mich ein großes Geschenk und die dankbarste Aufgabe meines Lebens.
Liebe Marie, wir danken dir herzlich für dieses Interview und dafür, dass du uns die Arbeit für die Stiftung „Dein Sternenkind“ noch nähergebracht hast. Deine Arbeit ist von unfassbar großem Wert für alle Eltern von Sternenkindern. Wir danken dir dafür von Herzen!
